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Gesprächsrunde - Bergfreunde

v.l.n.r.: André Strasser, Mörlialp; Daniel Dommann, Sportbahnen Melchsee-Frutt;
Paul Käslin, Lungern-Turren-Bahn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Folgt man im Winter dem sprichwörtlichen Ruf des Berges ins Sarneraatal, findet man sich in den Hoheitsgebieten der drei Bergbahn-Profis Daniel Dommann (DD), Paul Käslin (PK) und Andreas Strasser (AS) wieder. Vor Saisonbeginn sind sie zusammengekommen, um für unsere Gästezeitung über Gegensätze und Gemeinsamkeiten, Gästeerwartungen und persönliche Vorlieben zu reden. Hier gibt es die Fortsetzung des Gesprächs aus der gedruckten Zeitung und weitere Tipps der drei Experten.

Als Bergbahnen bieten Sie Aktivitäten an. Gibt es sowas wie einen Imperativ des Aktivseins? Oder kommen bei Ihnen auch Freund*innen relativer Passivität auf die Kosten?
(DD): Die Mehrzahl der Gäste der Destination Melchsee-Frutt sucht die aktive Erholung auf dem Hochplateau. Diesbezüglich ist das Aktivsein Motivation zum Besuch. Auf der anderen Seite bieten die Landschaft und speziell die Sonnenterrassen zahlreiche Möglichkeiten, die Berge auch ganz passiv auf sich wirken zu lassen und damit Kraft zu tanken. Und selbstverständlich bieten die Wellnessanlagen der Frutt Mountain Resort Hotels auch die Möglichkeit der totalen Entspannung, was vom Publikum vermehrt gesucht und gefunden wird. Alles ist möglich, nichts muss sein. Dies zeichnet die Möglichkeiten auf Melchsee-Frutt aus. Jeder kann seinen ganz persönlichen Neigungen und Wünschen auf jedem Niveau individuell nachgehen um sich dann für das Mittagessen oder den Apéro wieder gemeinsam zu treffen. «Klein und fein…» bedeutet in diesem Fall auch stets kurze Wege.

(PK): Unsere Hauptangebote fokussieren auf die Bewegungs-Enthusiasten, die frühmorgens die Bahn benutzen. Die grosse Sonnenterrasse beim Restaurant Turren teilen sich ab Nachmittag jedoch verschiedene Gäste-Typen.

(AS): Auf Mörlialp kann man gut entschleunigen, zum Beispiel bei einer leichten Wanderung durch den märchenhaft verschneiten Winterwald. Mehrere Wege sind ausgeschildert. Oder man setzt sich in einen der vorhandenen Liegestühle und schaut bei einem guten Kaffee dem Treiben auf den Pisten und im Kinderland zu.

Auch für Bergbahn-Betriebe ist die Digitalisierung ein grosses Thema. Welche Chancen und Gefahren sehen Sie hier?
(PK): Weniger ist manchmal mehr.

(AS): Ich sehe die Digitalisierung eher als Chance. Es ist bequem, das Skiticket am PC zuhause zu kaufen und dann direkt zum Lift zu gehen. So werden auch Menschenschlangen an den Kassen verhindert. Ein Trend ist die gesamte Abwicklung mit Natel. Hier gilt es darauf zu achten, dass dies mit sämtlichen Mobile-Anbietern und im gesamten Gebiet funktioniert; eine grosse Herausforderung am Berg.

(DD): Wie bereits erwähnt, ist dieses Thema omnipräsent. Zum Einen um die internen Betriebsabläufe und die dazu notwendige Kommunikation weiter zu straffen und damit zu professionalisieren; zum Anderen um den Austausch mit den Gästen überhaupt erst zu ermöglichen und das Erlebnis für den Gast bereits zu Hause auf dem Sofa erleb- und buchbar zu machen. Für uns als kleine Destination ein Muss um künftig auch neues Publikum ansprechen zu können. Auch sehen wir in den Digitalisierungsmöglichkeiten die Chance das Gesamterlebnis für den Gast noch attraktiver zu gestalten und ihn damit auf der Reise durch die Destination zu begleiten und noch besser zu beraten.

Der nationale Dachverband «Seilbahnen Schweiz» macht in seinem Kurs «Bergbahnen und Umwelt» darauf aufmerksam, dass sich Energie sparen lässt, wenn Transportanlagen langsam fahren. Müssen wir uns aus versorgungstechnischen oder ökologischen Gründen darauf einstellen, in Zukunft weniger schnell auf den Berg zu kommen?
(AS): Die Folge wäre vermutlich ein längeres Anstehen an den Liften. Dafür wäre mehr Platz auf den Pisten, in vielen Destinationen ein Gewinn für den Pistenspass. Somit ein Skitag mit weniger aber dafür genussvolleren Fahrten. Man würde sich wohl rasch daran gewöhnen.

(DD): Diese Massnahme soll bei einer eventuellen Mangellage mit dazu beitragen, Stromengpässe erst gar nicht entstehen zu lassen und ist nicht als permanente Lösung angedacht. Dazu dienen andere Massnahmen, wie beispielsweise der Ersatz von alten Antriebssystemen durch energieeffiziente Systeme wie wir dies bei allen Projekten der letzten Jahre bereits umgesetzt haben, beziehungsweise durch Investitionen in weitere, eigene Stromerzeugungsanlagen wie Photovoltaik-Anlagen – wo sinnvoll – oder weitere eigene Wasser-Kraftwerke innerhalb des Korporationsverbundes. Und nochmals, die genutzt elektrische Energie ist bereits vollständig ökologisch. Da wurde in der Vergangenheit schon alles richtig gemacht.

(PK): Es macht absolut Sinn, Seilbahnen bis zu einem gewissen Mass langsamer fahren zu lassen. Dies wird bereits angewendet. An stark frequentierten Tagen wird dies aber wohl kaum der Fall sein.

Schneesport sei teuer und kompliziert, im Sinn von aufwändig, so eine oft geäusserte Meinung. Wie beurteilen Sie das, Herr Strasser und Herr Dommann?
(AS): Auf Mörlialp angekommen, steigt man aus dem Auto, schnallt die Skis an und steht schon am Lift, wahrlich nicht kompliziert. Im Vergleich zu anderen Aktivitäten ist der Schneesport nicht teuer, insbesondere wenn man die notwendige Infrastruktur bedenkt.

(DD): Dieser Aussage würden unsere Gäste klar widersprechen und den hohen Erholungswert eines Schneesporttages in die Diskussion einbringen. Dazu gilt es zu erwähnen, dass sich unsere Preise eher im unteren Bereich von Eintrittskosten bei anderen „Erlebnis- und Freizeitparks“ angesiedelt sind. So können Kinder bis 16 Jahre beispielsweise die Saisonkarte für den Winter für CHF 160 erwerben. Auch sind zahlreiche alternative Schneesport-Angebote kostenfrei bzw. gegen eine kleine Aufwandsentschädigung nutzbar. Und dank guter Erschliessung sind wir auch einfach erreichbar, beispielsweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Mehrtagesgäste haben darüber hinaus den Komfort des „Ski on/Ski off“ – Erlebnisses, liegt das Dorf doch oben am Berg inmitten des Skigebiets.

Am Turren, Herr Käslin, gibt es neben der Gondel als Zubringer keine technischen Anlagen. Ist das schon sanfter Tourismus?
(PK): Sanfter Tourismus wird hauptsächlich durch unser Handeln und das der Gäste definiert. In der Form wie wir den Berg nutzen, spricht man durchaus von sanftem Tourismus.

Der Spagat zwischen Qualität und Quantität ist ein altes touristisches Thema. Hand aufs Herz: Gibt es Tage, an denen das Verhältnis bei Ihnen zu kippen droht? Wenn ja, wieviele sind es pro Saison?
(DD): Die Tatsache, dass die Mehrzahl der Tagesgäste innerhalb eines eng begrenzten Zeitfensters anreisen, lässt den Eindruck von Kapazitätsengpässen entstehen. Allerdings gibt es zum Anstehen an den Kassen und bei der Gondelbahn Alternativen. So können die Skitickets online gebucht und direkt auf die Datenträger Keycard, Swisspass oder auch das Mobiltelefon gespeichert und ohne Umweg über die Kasse genutzt werden. Auch steht für die meisten Besucher der Weg über die Sesselbahnen via Bonistock zur Verfügung, dies meist ohne eine Minute des Anstehens. Einmal im Gebiet angekommen, sind die Möglichkeiten für die Gäste vielfältig, dass die Qualität durchaus gewährleistet ist. Darüber hinaus stellen wir fest, dass wir nur an ein bis fünf Betriebstagen in die Nähe von Kapazitätsgrenzen bei den Parkplätzen kommen, eine sicher überschaubare Zahl, der man mit einfacher individueller Planung einfach ausweichen kann.

(PK): Unsere Luftseilbahn wurde als Zubringer für das ehemalige Skigebiet auf Schönbüel erstellt. Die Kapazität der Parkplätze und Bahn ist dementsprechend hoch. Auch an Spitzentagen haben wir keine Engpässe. Das Gebiet Turren-Schönbüel ist sehr weitläufig, was sich auf den Erholungsfaktor sehr positiv auswirkt.

(AS): Es gibt pro Saison drei bis vier Tage mit sehr vielen Gästen. Darauf haben wir uns schon länger eingestellt und treffen jeweils rasch die notwendigen Massnahmen, zum Beispiel einen Shuttledienst für weiter weg Parkierende. Auch die Kapazität der Gastronomie lässt sich durch mehrere Betriebe flexibel anpassen. Die Qualität des Erlebnisses bleibt somit auf dem gewohnt hohen Niveau.

In vielen Branchen herrscht Personalnot. Beschäftigt Sie das Thema auch? Bilden Sie eigenes Personal aus?
(PK): Im Bahnbetrieb haben wir zum Glück keine personellen Vakanzen. Die starke Fluktuation in der Gastrobranche beschäftigen uns natürlich auch. Denn Einschränkungen der Angebote oder Öffnungszeiten in den Restaurationsbetrieben sind beim Bahnbetrieb direkt spürbar.

(AS): Gerade die Pandemie hat das Thema verschärft, viele Saisonarbeitende mussten bei ihren Arbeitgebern Ganzjahresverträge eingehen und stehen im Winter nicht mehr zur Verfügung. Wir fördern die Aus- und Weiterbildung unseres Personals, damit in sämtlichen Bereichen genügend Fachkenntnisse vorhanden sind.

(DD): Zur Betriebskultur der Sportbahnen Melchsee-Frutt gehört, sich als guter Arbeitgeber ständig zu hinterfragen und zu beweisen. Damit gelingt es, die Fluktuation sowohl bei den Jahresangestellten wie bei den Saisonmitarbeitenden tief zu halten und auch immer wieder neue Mitarbeitende zu gewinnen. Dazu gehört ein umfassender Strauss von Aktivitäten und Massnahmen. Selbstverständlich gehören dabei die Ausbildung in den Bereichen Seilbahnmechatroniker und Kaufmännische Angestellte ebenso dazu wie gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten – wie beispielsweise zur Seilbahnfachfrau – für alle Mitarbeitenden dazu.

Welchen Tipp geben Sie Gästen, die das Beste aus einem Wochenende bei Ihnen machen möchten?
(DD): Buchen Sie Tickets online in unserem Webshop und laden diese auf einen der oben erwähnten Datenträger. Damit ist der Gast auf dem schnellsten Weg auf dem Berg und mitten in seiner Freizeitgestaltung.

(PK): Den Alltag Zuhause lassen! Ankommen – durchatmen — entspannen.

(AS): Probieren Sie mal etwas Neues, zum Beispiel Snowbiken oder Rodeln. Verpassen Sie auch nicht die ganz besondere Stimmung beim Nachtskifahren oder Nachtschlitteln.